Deutsch einmal anders – ein literarischer Spaziergang durch die Lübecker Altstadt

Zum Ausklang unserer Aktivitätenwoche waren die Deutschkurse des S2 von Frau Rapp und Frau Hagenkötter am Freitag in Lübeck auf den Spuren der Familie Mann unterwegs.

 

Vor dem Lübecker Hauptbahnhof

 

Wir ließen uns weder vom Regen noch den vielen Reisenden, die ihr 9 Euro-Ticket effektiv nutzen wollten, aufhalten, sondern starteten früh mit dem Zug nach Lübeck. Der Weg vom Bahnhof in die Lübecker Altstadt führte uns durch das berühmte Holstentor bis zur beeindruckenden Backsteingotik der Marienkirche. Am Museumsshop „Buddenbrooks am Markt“ trafen wir unsere netten Stadtführer*innen und begannen unseren Spaziergang am Ratskeller, der uns sofort in die Welt des Diederich Heßling aus Heinrich Manns „Untertan“ einlud. Die nächste Station war das Katharineum, einem bereits 1531 gegründeten Gymnasium, welches die Brüder Mann besuchten und dabei gar nicht so erfolgreich abschnitten. Wir tauchten in die Kindheit der Lübecker Senatorensöhne Heinrich und Thomas Mann noch ein bisschen tiefer ein, indem wir ihren Kiez zwischen Elternhaus, Großeltern, Schule, Rathaus und Theater kennenlernten und dort viele Ausgangspunkte des Romans verorten konnten. Anschließend besuchten wir in der Dr. Julius Leber Straße eines der ältesten Patrizierhäuser Lübecks, in dem sich die Löwen-Apotheke befindet. Auch Erich Mühsam, Sohn eines jüdischen Apothekers, war ehemaliger Schüler des Katharineums gewesen. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit war er Kabarettist und Anarchist und wurde von den Nazis aufgrund seiner Orientierung bereits 1933 im KZ Oranienburg ermordet. Wir besichtigten wichtige Plätze, Straßen und Gebäude, die einen Bezug zu Personen und Werken Lübecker Schriftsteller aufweisen und uns in die Welt des Untertanendaseins in der Weimarer Republik eintauchen ließen. Die Faszination der Macht, treten oder getreten werden, Kaisertreue, die Ideologie des Untertanen – all diese Themen Heinrich Manns Romans wurzeln in der Sozialisierung durch Familie, Schule, Militärdienst und Studium und sind auch heute noch aktuell. Doch zeigte gerade er im Gegensatz zu seinem Protagonisten Diederich durch seine persönliche Stärke und weisen Voraussicht der kommenden politischen Verhältnisse, dass man sich dem nicht beugen musste. Zum Schluss verließen wir die großbürgerliche Umgebung und wechselten ins Hafenviertel, wo wir vor dem Blauen Engel nicht nur in eine andere Welt reinschnupperten, sondern durch „Professor Unrat“ mit einem weiteren Werk Heinrich Manns Bekanntschaft machten. Zurück am Buddenbrook-Museum beendeten wir unseren literarischen Spaziergang. Der Tag war sicher nass, kalt und durch das viele Laufen ganz schön anstrengend gewesen, aber er hat sich gelohnt!

 

Dagmar Hagenkötter und Donata Rapp